Geschichte

Die Prinzengarde

Über 100 Jahre Tradition

Die Gründung

Seit 1898 gab es in Krefeld eine Prinzenbegleitgarde. Dies war jedoch keine dauerhafte Truppe. Ihre Mitglieder wurden von Jahr zu Jahr neu angeworben. Entsprechend dem Motto des Rosenmontagszuges, der damals offiziell noch nicht so hieß, wurde ihre Uniform jedes Jahr geändert.

Den Anstoß zur Gründung einer ständigen Prinzengarde gab der Krefelder Kaufmann Richard Vogel. Er war 1914 als Richard I. Herrscher über die Krefelder Narren; eine Prinzessin gab es zu jener Zeit noch nicht. Aus Erfahrungen, die er als Karneval-Besessener in den Jahren zuvor gesammelt hatte, wusste er, dass die Tollität dringend eine ständige Begleitgarde brauchte – nicht nur zur Hebung des Ansehens, sondern auch zur Übernahme bestimmter Aufgaben außerhalb der Begleitung und außerhalb der Session. Sie sollte im Gegensatz zu der bisherigen Prinzenbegleitgarde eine feste Größe im Krefelder Karneval sein.

1914 wurde die Prinzengarde gegründet. Ihr erster Kommandeur war Franz Wilmenroth (links), der Sohn des Prinzen von 1907, hier zusammen mit Richard Vogel. Er war der letzte Narrenfürst vor dem Ersten Weltkrieg und einer der berühmtesten der Seidenstadt. Neben ihm sein Minister Fritz Beyer.

So kam es am 2. Januar 1914 im Gartensaal des Hotels „München” auf der Hochstraße zur Gründung der ständigen Prinzengarde. Erster Kommandeur wurde der Hotelier Franz Wilmeroth. Die Schirmherrschaft über die natürlich berittene Truppe übernahm freudig Freiherr von Gillhausen, damaliger Kommandeur des II. Westfälischen Husarenregimentes Nr. 11, der „Krefelder Husaren”. Eine Standarte wurde gestiftet. Sie trug die Aufschrift „Krefelder Prinzengarde 1898”. Die Uniform glich man an die der Husaren an: weiße Litewka mit grünen Aufschlägen, mit dem Gardestern verzierter grün-weißer Tschako, Dolman und schwarze Hose. Die Garde bestand nur aus Offizieren. Lediglich für den Rosenmontagszug wurde ihr eine Garde zu Fuß an die Seite gegeben. Sie setzte sich aus hochgewachsenen Mitgliedern des Allgemeinen Turnvereins zusammen, trug friederizianische Uniformen, hieß deshalb “Die langen Kerls” und wurde von August Heiden kommandiert. – Zur Erinnerung an ihre Gründung und an einen äußerst erfolgreichen Karneval 1914 schenkte die Prinzengarde der Tollität ein prächtiges, mit einem eleganten breiten Pudergoldrahmen versehenes Bild des Kaisers in Generaluniform.

Das 10-jährige

Inzwischen war der erste Weltkrieg ausgebrochen und verloren worden. Man schrieb das Jahr 1924. Die Besatzungsmächte hatten den öffentlichen Karneval untersagt. In ihrer noch geltenden Bekanntmachung Nr. 26 von 1919 hieß es: „Zur Aufrechterhaltung der Ordnung sowie angesichts der augenblicklichen Verhältnisse sind die gewöhnlichen Festlichkeiten zu Karneval und Mittfasten verboten. Es ist jedem verboten, sich maskiert oder verkleidet auf Straßen oder an öffentlichen Orten zu zeigen. Der Oberst und Ortskommandant von Crefeld – Crefeld, den 10. Februar 1919 de Posch”. Das Zehnjährige fiel aus. Trotzdem existierte die Prinzengarde weiter – als Kegelklub. So blieb man wenigstens beieinander, wenn auch nicht so, wie es vor zehn Jahren von den Gründervätern geplant worden war. Erst 1925 wurde das Verbot der Besatzungsmächte aufgehoben. Am 23. Januar 1926 fand dann erstmals wieder ein Prinzengardeball statt.

1929: Prinz Willy Schroer und Minister Regels (beide vorne sitzend), im Kreis der Prinzengarde. Dritter von rechts: Hans Lohkamp, der damals neugewählte Kommendeur der Garde.

Das 20-jährige

Inzwischen – man schrieb das Jahr 1934 – hatte sich manches geändert. Die Nationalsozialisten, die seit etwa einem Jahr regierten, hatten die Breitenwirkung des Karnevals erkannt und bauten ihn in ihre Propaganda ein. Pflege des heimischen Brauchtums war gefragt, allerdings unter wesentlich anderen Vorzeichen als früher.

Alle Vorsitzenden, Präsidenten und Kommandeure waren „Führer des Karnevals”. Sie hatten sich den Anordnungen des Kreisleiters, also der Partei, zu fügen. Ein besonderer „Führerausschuss” wurde gebildet und ein Aufruf „Brauchtum Karneval als deutsches Volksfest” veröffentlicht. Sogar ein „Karnevals-Werbeschlager” wurde kreiert: “Wir maake mött”.

In einer Bekanntmachung des Polizeipräsidenten (“Westliche Zeitung vom 6. Februar 1934) hieß es: „Die Gastwirte und die Leiter der Veranstaltungen sind dafür verantwortlich, dass die karnevalistische Ausgelassenheit nicht in Unanständigkeiten und Rohheiten ausartet. …Der Polizeipräsident hat… das Vertrauen, dass trotz allen Frohsinns und allen Scherzes das Leben und Treiben sich auch auf der Straße, obwohl das Tragen von Gesichtsmasken nicht verboten ist, innerhalb der durch Sitte und Anstand gezogenen Grenzen bewegen wird. Rohheiten, Rüpeleien, Gemeinheiten in Wort oder Gebärde gehören nicht in den Krefelder Karneval. Gegen Verkleidungen anstößiger oder beleidigender Art …gegen das unbefugte Tragen von

Uniformen und gegen sonstige ordnungswidrige Karnevalskleidung wird die Polizei auf der Stelle einschreiten.”

Mit Prunk und Pracht und entsprechend ihrer Aufgabe war natürlich auch die Prinzengarde wieder dabei. Ihren Geburtstag feierte sie im Hotel „Stadt München”. Doch das ist leider schon alles, was in den Analen des Krefelder Karnevals des Jahres 1934 über sie vermerkt ist.

Das 25-jährige

Im September 1939 begann der Zweite Weltkrieg. Zur Freude aller war die Session längst vorbei. Die Prinzengarde hatte ihren 25. Geburtstag noch ungestört von den Wirren des Krieges feiern können. Sie tat das am 13. Februar 1939 mit einem glanzvollen Festabend im „Seidenfaden”. Leider war die Freude doch nicht ganz ungetrübt. Unter der Überschrift „25 Jahre Krefelder Prinzengarde” schrieb die Westdeutsche Zeitung unter anderem:

„…In diesen Hochtagen närrischen Treibens hat es am Sonntagabend im besetzten Varietéraum des Krefelder „Seidenfaden” so etwas wie eine karnevalistische Besinnungs-stunde gegeben. Und das, obwohl die Krefelder Prinzengarde mit großer Närrinnen- und Narrenschar gekommen war, den Tag des 25jährigen Bestehens zu feiern. Aber der Ernst dieser Feierstunde hatte seinen Grund. Denn der Kommandeur dieser vielleicht treuesten aller Garden war ernsthaft erkrankt und somit am Erscheinen verhindert. Und die Treue ging eben

sogar so weit, dass man ohne den geliebten Kommandeur nicht fröhlich im ausgelassensten Sinne sein wollte.”

Das Programm rollte zwar in voller Länge ab, aber die Stimmung war gedrückt.

Und noch etwas war anders als sonst. Auch für diese Session wurde selbstverständlich ein Prinzenpaar gekürt. Seine „Amtszeit” sollte wie üblich mit dem Beginn der nächsten Session ablaufen. Was allerdings damals niemand wusste und auch nicht ahnen konnte: bis zum Jahr 1949 musste man auf diese nächste Session warten. So blieben die Tollitäten von 1939 volle 10 Jahre „im Amt”. Es waren Heinrich I. (Wackers), der Wackere oder – wie er dann später auch hieß – der Eiserne und Krefeldia Lilo II. (Kress).

Das 30-jährige

1944 – es war Krieg. Auch der Prinzengarde spielte er übel mit. Abgesehen von allem Leid, das er über die Stadt brachte, konnte die Garde diesen runden Geburtstag wieder einmal nicht feiern, denn seit 1940 gab es keinen öffentlichen Karneval mehr.

Willy van Werven baute nach dem Zweiten Weltkrieg die Prinzengarde wieder auf. Er war Kommandeur bis 1958. Hier „befeuert“ er das erste Mariechen. Es war Toni Flügemann.

Das 40-jährige

1954! – Diesen ersten besonderen Geburtstag nach dem 2. Weltkrieg feierte die Garde verständlicherweise sehr engagiert und festlich. Besonders zu erwähnen sind das Festbankett mit großer Gratulationscour im „Seidenfaden” am 26. Januar und das Fest in der „Königsburg” am 30. Januar, bei dem als besondere Überraschung die 35 Mann starke Traditionskapelle der 11er Husaren aus Stadtlohn mitwirkte. Die Zeitungen berichteten ganz ausführlich. Die „Neue Presse” vom 16. Januar 1954 traf den Nagel auf den Kopf, als sie u. a. schrieb: „…Viele Opfer an Zeit und Geld haben die Männer der Prinzengarde in allen Jahren gebracht. Uneigennützig haben sie dem schönen Volksfest Karneval gedient. In mancher kalten Nacht sind sie mit ihrem Mariechen und dem Prinzen von Veranstaltung zu Veranstaltung gefahren und haben mitgeholfen, die fröhliche Stimmung zu steigern und das bunte Bild zu erhöhen. Man darf ihnen bei ihrem Jubiläum dafür schon Dank sagen. …”

Marschall Albert Machost (links), Kommandeur der Prinzengarde von 1958 bis 1963, strahlt. Der Mariechentanz „sitzt“. Mariechen: Hannelore Seifert, Tanzoffizier: Sigrid Neumann

Das 50-jährige

In diesem Jahr (1964) zählte die Garde 140 Mitglieder. Hinzu kamen 50 Musiker des Stabsmusikzugs unter Oberstleutnant Hans Aubach und 25 Mitglieder des Stabsspielmannszugs unter Rittmeister Maas. Die Tollitäten waren unser früherer (1957-1962) und späterer (1969-1978) Vorsitzender Hans Büren als Hans VIII. und Hannelore Casaretto als Hannelore I. Wenn auch über „große” Feiern in den Annalen nichts auffindbar ist, so lässt doch allein schon das für diese Jubiläums-Session aufgestellte Programm die Bedeutung des Jahres 1964 für die Garde erahnen. Herausragende, aber keineswegs die einzigen Veranstaltungen, waren der erste Herrenabend in unserer Geschichte am 17. Januar, am 31. Januar die Gratulationscour, beide im „Krefelder Hof”, der Gala-Ball am gleichen Tag in der „Königsburg” und ein weiterer Gala-Ball am 10. Februar in der „Bosi-Bar”.

Nun wird ja zu besonderen Ereignissen häufig eine Festschrift herausgegeben. Natürlich plante das ursprünglich auch die Garde zu ihrem Fünfzigsten. Aber nach reiflicher Überlegung verzichtete sie dann doch darauf. Statt eines überwiegend allein für ihre Mitglieder und wenige Heimatforscher interessanten Heftes, veröffentliche sie eine Darstellung der Geschichte des gesamten Krefelder Karnevals als Buch. In ihm wurde die fünfte Jahreszeit seit etwa dem Ende des 18. Jahrhunderts geschildert – eine wirklich verdienstvolle Veröffentlichung. Der Titel des Buches: „Der Krefelder Narrenspiegel”.

Und noch etwas ist besonders zu erwähnen: Wie in den Jahren zuvor bewirtete die Prinzengarde auch in diesem ihrem Jubiläumsjahr die alten Mitbürger im „Haus am Berg” mit Rehragout. Das Reh hatte unser Mitglied Jupp Keutken geschossen – mit waidmännischer Eleganz, wie damals zu hören gewesen sein soll.

Im Jahr des Goldjubiläums: Die Krefelder Prinzengarde mit aktivem und inaktivem Korps, Stabsmusikzug unter Oberstleutnant Hans Aulbach und Spielmannszug mit Rittmeister Maas.

Das 60-jährige

1974 – die Prinzengarde wurde nach ihrem zählbaren Alter allmählich zu einer älteren Dame. Aber sie war munter wie eh und je. Und deshalb wäre auch die Annahme völlig falsch, sie hätte aus Bequemlichkeit oder gar aus Müdigkeit auf einen Gratulationsempfang anlässlich ihres sechzigsten Geburtstages verzichtet und nur deshalb DM 1000,00 an die Krefelder Familienhilfe zugunsten von „Haus am Berg“ überwiesen. Diese soziale Einrichtung lag der Prinzengarde sehr am Herzen, wie viele ältere Mitbürger und Gardisten noch wissen.

Erster Vorsitzender war in diesem Jahr der spätere Ehrenvorsitzende Hans Büren, Schatzmeister und 2. Vorsitzender Willi Esters. Wohl wegen seiner Funktion als Schatzmeister bezeichnete er sich immer gerne als „Inhaber der Prinzengarde“.

Das 70-jährige

Man schrieb 1984 – siebzigster Geburtstag der Garde. Unter dem damaligen Vorsitzenden Herbert Koch feierte die Garde ganz groß. Überdies stellte sie die Tollität. Prinz war der ungemein karnevalserfahrene Karl-Heinz Kuhfs als Karl-Heinz II. mit seiner – wirklich seiner! – Andrea I. als Lieblichkeit. Nicht nur die beiden, sondern alle Minister waren Mitglieder unserer Garde, und alle, ausnahmslos alle stellten sich den Fotografen hoch zu Ross – ein überaus seltener Anblick. Aber das war eben die Prinzengarde!

Am 21. Januar 1984 gab es morgens in der Burg Linn eine Geburtstagsparty und abends im Seidenweberhaus eine große karnevalistische Gala. Morgens waren Freunde aus dem In- und Ausland gewissermaßen unter sich, abends war der große Saal des Seidenweberhauses gerappelt voll von karnevalbegeisterten Bürgerinnen und Bürgern aus Krefeld und der näheren und weiteren Umgebung. Und der Sitzungspräsident – wer anders als der altbewährte Karnevalshaudegen Jupp Konnes! – machte bemerkenswerte Anmerkungen zu den siebzig Jahren Prinzengarde, die selbst Rudi Neuhausen bis dahin noch nicht archiviert hatte: „Seit seiner Gründung hat das aktive Corps der Prinzengarde die Tollitäten bei insgesamt 8.735 Aufzügen eskortiert. Dabei haben die Offiziere 38.664 Gläser Alt und 24. 669 Stuffkamp getrunken. Nach dem Verzehr von 83.614 Rollmöpsen wurden am Morgen danach genau 24.663 Kopfschmerztabletten geschluckt.”

Es würde diesen Beitrag sprengen, alles aufzuzählen, was karnevalistisch und weniger karnevalistisch Rang und Namen hatte und den Abend bei der Garde verbrachte. Es würde diesen Beitrag noch einmal sprengen, das gesamte Programm zu kommentieren. Nur ein einziger Satz sei zitiert, der bei diesem Fest immer wieder die Runde machte: „Mit 70 ist die Prinzengarde so jung wie nie zuvor.”

Das 75-jährige

munterer und gar nicht grauhaarig zu werden, obwohl sie an Jahren zählbar älter wurde. Sie war gewissermaßen die Inge Meysel unter den Karnevalsvereinen; die schien im zarten Alter von deutlich über achtzig Jahren ja auch immer munterer zu werden.

Am 8. Januar 1989, einem Sonntag, fand morgens im festlich geschmückten Rittersaal der Burg Linn ein Festakt mit anschließendem großem Empfang statt. Gäste von nah und fern waren gekommen, um zu gratulieren, unter Ihnen natürlich auch Heinz Wacker, der Präsident des „Bund Deutscher Karneval”. Dr. Hermann Steffens, Oberstadtdirektor a. D. und Ehrenmajor der Garde, hielt eine vortreffliche, eine richtig zu Herzen gehende Laudatio. Mit folgenden Sätzen schloss er: „… Es gibt viele Menschen, die allein und deshalb verbittert sind; sie haben die Freude am Leben verloren, weil Einsamkeit schwer zu ertragen ist. Niemand von uns weiß, ob er von diesem Schicksal wirklich verschont bleibt. Daher ist es gut, sich in den Jahren der Blüte Freunde und Freude zu machen. Sicher, Brauchtumspflege ist schön und sehr wichtig, damit Althergebrachtes tradiert wird. Aber der Austausch von Freundschaft unter Gleichgesinnten in froher Runde ist m. E. genauso wichtig. Die Prinzengarde ist eine solche Gemeinschaft, die dieses Gefühl der mitmenschlichen Geborgenheit vermittelt. …Und so wünsche ich denn dieser Prinzengarde zum Wohle ihrer Mitglieder, aber auch zum Wohle der Stadt Krefeld noch viele, viele glückliche Jahre. …”

Der festliche Vormittag wurde geschlossen mit dem Lied „Adieu, mein kleiner Gardeoffizier”, in voller friederizianischer Uniform, gesungen von Gabriela Künzler vom Krefelder Theater. Aber dieses Adieu galt nur für den ersten Teil des Tages. Nachmittags fand im voll besetzten großen Saal des Seidenweberhauses die große Prunksitzung mit der ersten Verleihung des Närrischen Steckenpferdes durch die Garde statt. Erster Ritter war der damalige Bundesminister Jürgen W. Möllemann, mit dem die Garde seit einem früheren, denkwürdigen karnevalistischen Besuch in Münster eine andauernde Freundschaft verband. Die ungemein geschliffene, wegen ihres Einfallsreichtums, ihres Witzes und ihres Humors unvergessliche Laudatio auf ihn hielt der Ehrenoberst der Prinzengarde und damalige Krefelder Oberbürgermeister Dieter Pützhofen.

Es kann hier nicht auf alles eingegangen werden, was das gekonnt zusammengestellte, vom Präsidenten Rainer Küsters wie gewohnt karnevalistisch-geistvoll angesagte und kommentierte Superprogramm bot. Nur so viel sei noch erwähnt: Zum Abschluss erklang vor den ausnahmslos begeisterten Gästen wieder das Lied vom kleinen Gardeoffizier.

Natürlich bot diese Jubiläumssession noch viel mehr als „nur” die beiden eigentlichen Jubiläumsveranstaltungen. Da waren noch der Regimentsappell, der Manöverball mit der Überreichung einer Riesen-Geburtstagstorte mit 75 Kerzen durch die befreundete Prinzengarde Duisburg, der Herrenabend, der Hausfrauennachmittag, die Krieewelsche Sitzung im Hause der Horten AG, das Fischessen und – natürlich! – der Rosenmontagszug, bei dem die Garde mit rund 290 Teilnehmern einschließlich je zwei Spielmanns- und Musikzügen, ferner mit 45 Pferden, sechs Fest- und anderen Wagen, einer Kutsche und zwei Geschützen eine eigene große und prunkvolle Sektion unmittelbar vor dem Prinzenwagen bildete.

Das 90-jährige

Unendlich viel ist geschehen in den vergangenen zehn Jahren. Das Zeughaus avanciert zu einer populären Veranstaltungsstätte und sieht große Feste. Nicht nur die jährlichen Regimentsappelle, sondern auch spektakuläre Sommer- und Familienfeste bevölkern die Bleibe der Prinzengarde samt Außengelände.

Die alljährlichen Steckenpferdverleihungen im Seidenweberhaus gehören zu den gesellschaftlichen Highlights der Samt- und Seidenstadt. Kabarettisten wie Konrad Beikircher (1998) oder Ludger Stratmann (2002) begeistern als neue Ritter des Närrischen Steckenpferdes das Publikum. Ebenso entwickelt sich der Herrenabend, jetzt wieder im Parkhotel Krefelder Hof, zu einer Art Kult-Event.

Eine handfeste Vereinskrise 1994 wurde ebenso gemeistert, wie so manche Schwierigkeit, die Ergebnis der allgemeinen wirtschaftlichen Misere in Deutschland ist. So schließt im Jahr 2001 die Rhenania-Brauerei für immer ihre Pforten. Mit der König-Brauerei wird schnell ein verlässlicher, neuer Partner gefunden.

2002 wird dann von den Mitgliedern eine umfängliche Reform der Vereins- und Vorstabsstruktur beschlossen. Die drei Corps als Relikte der Vorzeit werden aufgelöst und zu einem homogenen Ganzen verschmolzen. Der Senat der Prinzengarde wird gegründet und versteht sich als wirtschaftliches Rückgrat der Prinzengarde.

Und natürlich wird 2004 der 90. Geburtstag der Prinzengarde gebührend gefeiert. Im Februar lädt die Prinzengarde zum Jubiläumsempfang auf die Burg Linn ein und feiert sich im oberen Rittersaal selbst. Oberbürgermeister Dieter Pützhofen überbringt die Grüße und guten Wünsche der Stadt, zahlreiche Gratulanten folgen dem Krefelder Oberbürgermeister und loben das sichtlich stolze grün-weiße Corps. Spätestens beim rührenden Abschiedslied „Adieu, mein kleiner Gardeoffizier“, professionell dargeboten von der eigens aus Zürich angereisten Sängerin Andrea Huber, ist jedem anwesenden Gardisten bewusst, dass die Prinzengarde eine feste Gemeinschaft und eine Festung im Krefelder Karneval ist.

Und eine besondere Neuerung gab es im Jubiläumsjahr auch noch: Erste weibliche Steckenpferdritterin wird die ZDF-Moderatorin Maybrit Illner, deren „Inthronisierung“ im Januar das Krefelder Publikum mehr als begeistert hatte.

Ein Vierteljahrhundert wird die Geschichte des größten Krefelder Traditionscorps in herausragender Weise geprägt und gelebt durch den Präsidenten Rainer Küsters. Er war es, der begann, die Gesellschaft nach Vorbild der Kölner Traditionscorps weitblickend zu formen und wirtschaftlich nachhaltig zu entwickeln. Ohne Rainer Küsters würde es die Prinzengarde in ihrer heutigen Form nicht geben.

2004 zeichnete sich ein beginnender Generationswechsel im Vorstand der Prinzengarde ab. Unser langjähriger Vizepräsident Manfred Thyssen übergab sein Amt an Frank Lemmen. Frank war nicht nur unser Vizepräsident, sondern im Zuge der Sedisvakanz auf dem Kommandatenstuhl auch auf der Bühne der erste Mann nach der Fahne.

Zahlreiche Prinzenpaare Krefelds entstammten in den folgenden Jahren der Prinzengarde und trugen die Farben unserer Heimatstadt in die Region, im Herzen aber immer die Farben grün und weiß:

  • 2006 Bernd I und Sigrid I (Ruland)
  • 2010 Christian I und Ursula IV (Kölker)
  • 2011 Manfred II und Beate I (Rundholz)
  • 2014 „Jubeljahr 100 Jahre Prinzengarde“ Michael I und Karin I (Zecha)
  • 2019 Andreas II und Claudia II (Dams)
  • 2020 Dirk I und Marita I (Mosinski)

Auch der Senat ist in dieser Zeit stark gewachsen und noch mehr zu einer nicht nur monetären Stütze des Vereins, sondern zu einem aktiven Teil des Corps geworden. Der Dank des grün-weißen Corps gilt unserem langjährigen Senatspräsidenten Jan Schreurs.

Das 100-jährige

Man darf mit Fug und Recht behaupten: Die Prinzengarde ist eine Erfolgsgeschichte! Wer wird schon 100 und das vital und ohne Gebrechen an Leib und Seele?

Und so wird das erste Jahrhundert auch gebührend gefeiert. Die Prinzengarde lädt für den 26. Januar 2014 zu einer großen Geburtstagsmatinée in das Krefelder Stadttheater ein. Gäste aus der gesamten Region bis Köln, Prominenz aus Krefeld und Vertreter aller Krefelder Karnevalsvereine sind der Einladung gefolgt, um den Jubilar hochleben zu lassen. Unter den Gästen sind Krefelds Oberbürgermeister Gregor Kathstede, Ehren-Oberst der Prinzengarde, der Präsident des Bundes Deutscher Karneval, Volker Wagner, die Krefelder Mitglieder des Bundestages und Landtages NRW, sämtliche Vorstände der Sparkasse und Volksbank oder der Stadtwerke.

Neben den Ansprachen glänzt die Prinzengarde der Stadt Duisburg mit ihrer großen Wache und die Klüngelköpp bringen die ca. 500 Gäste so richtig in Schwung. Krönender und fast schon traditioneller Abschluss ist der Auftritt der Ehefrau des Generalintendanten des Krefelder Theaters, Gabriela Grosse-Kuhn, mit den vorgetragenen Liedern „Leutnant war ich einst bei den Husaren“ und „unserem“ Lied „Adieu, mein kleiner Gardeoffizier“. Spätestens bei diesem Lied lag Wehmut in der Luft, aber auch Dankbarkeit für die vergangene Zeit.

Legendär ist dann auch die Steckenpferdsitzung des Jubiläumsjahres: Wolfgang Bosbach MdB, Steckenpferdritter des Jahres 2013, und der frisch ernannte Ritter, Tom Buhrow, Intendant des WDR, singen gemeinsam mit den Bläck Fööss „En unserm Veedel“ und „Drenk doch eene mit“. Keinen Besucher der Sitzung hielt es da noch auf seinem Stuhl. Schöner Abschluss an diesem Abend war die Lasershow zum Thema 100 Jahre Prinzengarde.

2016 wurde der Generationenwechsel in der Prinzengarde dann vollzogen. Der Staffelstab wurde in Form der Präsidentenkette, an welcher nicht nur das Emblem der Prinzengarde, sondern auch extrem viel Verantwortung hängt, von Rainer Küsters an unseren langjährigen Geschäftsführer, Christian Cosman, übergeben. Von diesem hatte Küsters immer behauptet, dass er den Marschallstab seit Ewigkeiten im Tornister trage.

Am 6. Juni wird Christian Cosman einstimmig durch die Mitgliederversammlung zum neuen Präsidenten der Prinzengarde gewählt. Sein Vorgänger, der 30 Jahre die Geschicke der Prinzengarde gelenkt hatte, wurde in einem Festakt im Zeughaus im Oktober 2016 zum Ehrenpräsidenten ernannt und mit einem Großen Zapfenstreich endgültig aus dem Amt verabschiedet.

Mit diesem Generationenwechsel wurde auch ein Innovationsprogramm gestartet. Das Zeughaus wurde saniert und der Innenausbau vorangetrieben und z.B.  neue Toilettenanlagen installiert.

Zudem wurde unser Veranstaltungskonzept „generalüberholt“. Exemplarisch sei hier das Kostümfest genannt. Dieses findet seit geraumer Zeit als eine Art Kooperationsprojekt zwischen Prinzengarde und Westgarde statt. Getreu dem Ansinnen, dass der Erhalt des Brauchtums nur gemeinsam gelingen kann und nicht gegeneinander, wurde dieses erfolgreiche Projekt initiiert. Die Stimmung (und umso erfreulicher auch die Zahlen) bestätigt dies. Das Veranstaltungsportfolio der Prinzengarde umfasst nun neben dem Kostümfest den Regimentsappell, den Herrenabend, den Ehrenabend, den Stadtritt, den Rosenmontagszug, den großen Zapfenstreich am Veilchendienstag und, last but not least, unsere traditionsreiche und bis weit über die Grenzen des Rheinlands hinaus bekannte Steckenpferd-Sitzung samt Verleihung des „Närrischen Steckenpferds“.

Jedes der erlebten karnevalistischen Jahre wäre es wert, einzeln beschrieben zu werden: Mit ihren herausragenden Steckenpferdrittern, wie unserem späteren Bundespräsidenten, Christian Wulff (2006), dem Bischof von Aachen, Helmut Dieser (2017) oder den Ministerpräsidenten von NRW Jürgen Rüttgers (2008), Hannelore Kraft (2012) und Armin Laschet (2018).

Besonders bedrückend waren aber die Jahre 2020 und 2021, in welchen die Coronapandemie die Welt in Atem hielt. Und so musste auch die Prinzengarde im Jahr 2021 ihre Veranstaltungen absagen. Zwei Samstage im Januar 2021 trotzte die Prinzengarde aber dem Virus: In einem Drive-In konnten sich die Mitglieder am Zeughaus den Kurier, der in dieser ausgefallenen Session im 60. Jahr erschien, und den aktuellen Orden trotzdem abholen.

Mit ca. 350 Mitgliedern, von denen gut 150 die Aktivitas bilden, ist die Prinzengarde der Stadt Krefeld auch in der Session 2021/2022 die größte Karnevalsgesellschaft der Samt- und Seidenstadt. Hiervon zeugt seit langen Jahren auch die Beteiligung im Rosenmontagszug mit zahlreichen Prunkwagen, Fußtruppen und Spielmannszügen. Mit Fug und Recht und nicht ohne Stolz darf festgehalten werden, dass Grün-Weiß den Rosenmontagszug dominiert.

Schon jetzt aber wirft das Jubiläum „111 Jahre Prinzengarde der Stadt Krefeld“ im Jahr 2025 seine karnevalistischen Schatten voraus!

Darauf freuen sich nicht nur die Gardisten – ad multos annos!

Info

Text: Archiv; aufgearbeitet und ergänzt von Tobias Ellmann, Sebastian Scholzen, Christian Cosman und Gregor Kathstede.